Eine Thüringerin im Westernsattel

Heute war wieder ein Artikel über die Ranch in der OTZ zu finden: „Eine Thüringerin im Westernsattel“

 Fast den ganzen Tag verbringt die gelernte Pferdewirtin im Stall mit der Pflege und dem Training ihrer eigenen Tiere und der Berittpflege. Fast den ganzen Tag verbringt die gelernte Pferdewirtin im Stall mit der Pflege und dem Training ihrer eigenen Tiere und der Berittpflege.
Es dauert eine Weile, bis Katharina Haupt, die 20-malige Landesmeisterin im Westernreiten, und ihr Lieblings- und Erfolgspferd „Mr. Shades of Peppy“ für eine kleine Demonstration ihrer Reitkünste fertig sind.
Zunächst müssen dem fuchsfarbenen Wallach die Hufe gesäubert werden, dann wird er gestriegelt. Das sei wichtig, erklärt die 25-jährige Pferdewirtin, damit zum einen kein Schmutz unter dem Sattel reibe. Zum anderen werde mit dem Putzen die soziale Bindung zwischen Mensch und Tier gestärkt. Tatsächlich zieht „Mr. Shades of Peppy“ genüsslich seine Oberlippe nach oben, während Katharina Haupt ihm den Rücken massiert.
Nach dem Bandagieren der Vorderbeine ist die Wahl der Satteldecke fällig. Und spätestens als die junge Westernreiterin eine große Truhe mit unzähligen Decken öffnet, wird deutlich: Auch die farbliche Abstimmung von Pferd und Reiter, von Accessoires, Kleidung und Zubehör scheint in dieser Sportart eine Wissenschaft zu sein. Anschließend noch der Westernsattel, der sich durch Größe und Aufbau von anderen Satteln unterscheidet, auf den Pferderücken gelegt, und zumindest das Tier ist startklar.

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Nicht so die Reiterin, die im stilechten Turnieroutfit reitet. Auch sie muss sich von Kopf bis Fuß einkleiden. Ein langärmeliges Hemd, lange Hose im speziellen „Cowboy Cut“, darüber Chaps, Westernstiefel aus Krokodilleder, Westernhut, Gürtel mit dekorativer Schnalle, dazu eine Halskette alles farblich abgestimmt. Katharina Haupt bestätigt: „Ja, Westernreiten ist ein teurer Sport“. Und die optische Präsentation von Pferd und Reiter nicht unwichtig.

Katharina Haupt aus Miesitz im Saala-Orla-Kreis weiß, wovon sie spricht. 19 Mal darf sie sich Landesmeisterin in einer der vielen Westernreit-Disziplinen nennen. 2003 holte sie den ersten Titel, Mitte August 2010 den letzten. Von Dienstag bis Sonntag kommende Woche stellt sie mit „Mr. Shades of Peppy“ und einem weiteren Hengst nun ihr Können bei der Deutschen Meisterschaft im Westernreiten in Kreuth/Rieden (Oberpfalz) unter Beweis. Irgendwann, so ihr großes Ziel, will sie zu den Europameisterschaften.
Um dahin zu kommen, trainiert die Pferdewirtin und Reitlehrerin jeden Tag mit ihren Tieren auf der eigenen Ranch mit der großen Amerika-Fahne. Sie ist ehrgeizig, diszipliniert und erfolgreich. Unzählige Pokale, Schleifen und Fotos schmücken die Reiterstube. Während sie über ihr junges Leben erzählt, flackert im Kamin ein kleines Feuer, liegt ein Hund brav zu ihren Füßen, wird draußen im Regen ein Weg neu gepflastert und werden Schubkarren voll Pferdemist umher geschoben.
Seit ihrem sechsten Lebensjahr sitzt Katharina Haupt regelmäßig im Sattel anfangs ganz gewöhnlich im Reitverein und auf einem Haflinger aus dem Nachbardorf. Auch die „Main Ranch“ gibt es damals noch nicht, sondern nur eine gelbe Villa mit Schaf- und Hühnerställen. Doch die Eltern, beide Agraringenieure, fördern die Leidenschaft der Tochter, lassen sie nach Jena und Wünschendorf zum Westernreittraining gehen, kaufen ihr 1997 „Sweety“, die erste Stute, im gleichen Jahr zwei weitere Fohlen. Im ehemaligen Schafstall werden sie untergebracht. Katharina Haupt nimmt Kontakt zu Profitrainern auf, verbringt die Schulferien mit Praktika, steckt ihr Geld in die Ausbildung, kauft Pferde.
Nach dem Schulabschluss geht sie als Co-Trainerin für ein Jahr nach Bayern. Zuhause in Miesitz macht sich der Vater 2001 mit der „Main Ranch“ selbstständig. Und während er weitere Ställe für Berittpferde und die eigenen baut, das Anwesen vergrößert, wird die Tochter Pferdewirtin. „Alle Trainer, die ich hatte, haben ihr Wissen aus den USA. Also bin ich 2006 selbst nach Texas zu einem dreimonatigen Praktikum gereist“, erzählt die junge Frau. Vier Jahre lang verbringt sie die Sommer in Amerika dem Ursprungsland des Westernreitens.
Um den Sport zu verstehen, sollte man seine Geschichte kennen: Über die weiten Gebiete des amerikanischen Westens erstreckten sich endlosen Prärien, besiedelt von Millionen Bisons. Doch mit den europäischen Einwanderern zogen statt Bisons bald Fleischrinder übers Grasland gehalten, betreut und versorgt von Ranchern, deren wichtigstes Arbeitsmittel das Pferd war. Monatelang saßen die Reiter im Sattel, um ihre Rinderherde weiterzutreiben. „Natürlich wurden an diese Pferde besondere Ansprüche gestellt. Sie sollten klein und wendig sein, schnelle Kurzsprints hinlegen können und ein ausgeglichenes Wesen haben“, erklärt Katharina Haupt. Das Quarterhorse wurde gezüchtet. „In meinen Augen die beste Rasse überhaupt“, schwärmt die junge Frau. Vielseitig einsetzbar als Turnier- und Freizeitpferd sei das Quarterhorse und nicht zuletzt wegen seiner Beliebtheit mit 4,3 Millionen registrierter Tiere die am weitesten verbreitete Pferderasse der Welt. Sein Name leitet sich von „a quarter mile race“ ab, einem Rennen über 400 Meter, bei dem die antrittsstarken Quarterhorses auch heute noch die schnellsten sind.

Doch Westernreiten kann grundsätzlich jedem Pferd beigebracht werden. Ein kurzes Signal muss reichen, um dem Pferd einen Befehl zu erteilen. Denn die Konzentration des Reiters galt auch früher seiner Rinderherde, also der eigentlichen Arbeit, und nicht der Reitkunst. „Ohnehin ist diese Sportart die tierfreundlichere Variante“, so Katharina Haupt. Alle Elemente des Westernreitens basieren auf natürlichen Bewegungen des Pferdes, die einhändig geführten Zügel werden lang gelassen und auch die Sporen an den Westernstiefeln sind größer und rollen am Pferdebauch ab.
Das Vertrauen ihrer Tiere erarbeitet sich die Pferdewirtin schon, bevor sie erstmals aufsitzt. „Da Pferde Herdentiere sind, muss ich von ihnen als ranghöher akzeptiert werden. Dies kann nicht durch Gewalt geschehen, da dies Gegendruck vom Pferd erzeugen würde, dem ein Mensch körperlich nicht gewachsen ist.“ Liebevolle Konsequenz ist die Grundlage für den Erfolg der jungen Frau, die ihre Tiere auch immer wieder lobt und mit Geduld eine Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd aufbaut. Mit über 200 Berittpferden hat sie erfolgreich gearbeitet. Passiert ist nie etwas.

Für Freizeit bleibt freilich kaum Zeit, denn sechs eigene Pferde, acht Berittpferde, ein Esel, zwei Hunde und sechs Katzen wollen rund um die Uhr versorgt werden. Wenn sich Katharina Haupt mit ihrem Freund, einen Hobby-Fallschirmspringer, eine Auszeit von der „Main Ranch“ gönnt, hängt sie freiwillig am nächsten Tag die Stunden im Pferdestall ran. „Pferde sind unsere Partner und so behandeln wir sie auch.“

Von Ulrike Kern, Martin Gerlach / 18.09.10 / OTZ

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